Vorgeschichte
Casimir wurde in Landri am Salzmeer geboren. Sein Vater war ein durchaus angesehener Bürger der Stadt, der zusammen mit seiner Frau eine Kneipe im Hafenviertel führte. Casimir als Wunschkind zu bezeichnen wäre etwas übertrieben (die Verhütungsmittel dieser Zeit waren nicht allzu zuverlässig), aber seine Eltern behandelten ihren Sohn gut. In seinen jungen Jahren half Casimir in der elterlichen Schenke mit und verdiente sich so manche zusätzliche Goldmünze indem er betrunkene Händler und Seeleute um ihre Geldbörsen erleichterte. Dies mußte er jedoch vor seinem Vater verheimlichen, da dieser ein von tiefsten Herzen rechtschaffener Mann war.

So verlief sein Leben bis zu seinen 16 Lebensjahr als seine Eltern bei einen Brand der Taverne umkamen. Casimir überlebte schwerverletzt (mehrere Narben zeugen davon) und entschied, da ihn nichts mehr in Landri hielt, die restliche Welt zu bereisen. Er verkaufte den Standplatz der Taverne und konnte durch den Erlös immerhin 2 Jahre lang recht sorglos durchs Leben gehen bevor das Geld alle war. Danach verdiente er seinen Lebensunterhalt mit kleinen Diebstählen und Überfallen (er hatte genaugenommen nichts anderes gelernt). Neun Jahre später in Velsen: In der Stadt wurde das Julfest gefeiert und die Schenken waren zu bersten voll. Eine perfekte Zeit für einen Dieb wie Casimir und so war er beschäftigt diversen Betrunkenen in einer recht miesen Spelunke (er hatte sich vom Wirt als Aushilfskellner anwerben lassen) ihre Börsen abzunehmen als er einen älteren Mann mit kurz gestutzten dunkeln Bart bemerkte, der ihn unverwandt anstarrte. Dabei dachte Casimir doch, daß er es als Dieb schon sehr weit gebracht hat und daß jeder, der ihn bei seinen Treiben beobachtete, denken würde Casimir helfe den betrunkenen Kunden nur auf die Beine. Mit diesen Mann war es jedoch anders, er schien genau zu wissen was er da trieb und Casimir machte sich schon bereit entdeckt zu werden. Der Mann schenkte ihm jedoch nur ein sardonisches Lächeln und winkte Casimir zu sich. Casimir schluckte, nahm seine ganze Courage zusammen und ging auf den Mann zu.

"Was darf´s denn sein?" fragte er und versuchte dabei so unschuldig wie nur möglich auszusehen (normalerweise gelang ihm das auch, Casimir war ein ziemlich gutaussehender Mann).

"Du weißt ganz genau was ich von dir will, du Möchtegern-Dieb" erwiderte der Mann mit dem gleichen Grinsen wie vorhin. "Ich habe dich beobachtet Kleiner, für einen Amateur hast du dich gar nicht schlecht angestellt." Casimir war fassungslos, sollte dieser Mann jetzt nicht den Wirt rufen? "Aber,.." war daß einzige was er herausbrachte. "Du scheinst da ja eine einträgliche Geldquelle gefunden zu haben".

"Was geht sie das an?" fragte er wütend, doch der Mann ignorierte ihn.

"Und du willst sicher auch nicht, daß der Wirt was davon erfährt, oder? Dann gib mir all die Geldbörsen, um die du diese betrunkenen Verlierer erleichtert hast." Was!? Er sollte diesen Laffen seine gesamte heutige Beute geben? So viel wie heute hatte er noch nie stehlen können. Als der Fremde sah, daß Casimir zögerte, hob er die Hand und tat so als ob er den Wirt rufen wolle.

"Stop! Ich geb's ihnen ja schon" Casimir legte mehrere lederne Geldbeutel auf den Tisch. "Das ist alles, mehr habe ich nicht". Casimir fühlte eine ohnmächtige Wut in seinen Bauch aufsteigen, da er nichts dagegen machen konnte, daß dieser Fremde sein Geld bekam.

"Danke Kleiner" Der Mann stand auf, schnippte eine Münze in Richtung von Casimir "Für mein Bier, behalt den Rest" und verließ das Lokal. Casimir war wütend wie noch nie, da strengt er sich den ganzen Abend an, und dann kommt irgend so eine Idiot dahergelaufen und nimmt ihm alles wieder weg. Ohne viel nachzudenken, stahl sich Casimir aus der Schenke und folgte dem Mann. In einer schmalen Gasse direkt am Pier geschah es dann: Casimir nahm einen Stein und warf ihn mit aller Kraft an den Hinterkopf des Mannes, der ohne einen Laut von sich zu geben umfiel. Casimir näherte sich dem regungslosen Körper und fing an nach seiner heutigen Beute zu suchen. Neben seinen Geldbörsen fand er auch einen seltsam verzierten Dolch den er sogleich einsteckte.

Doch plötzlich riß der Mann die Augen auf und packte Casimir am Hals. "Du kleiner Feigling! Dich bringe ich um" Dann geschah etwas, das sich Casimir in seinen wildesten Träumen nicht vorstellen hätte können: das Gesicht und die Hände des Fremden veränderten sich, wurden behaart und Klauen bohrten sich in Casimirs Hals. Panisch versuchte er sich loszureißen, aber der Werwolf war stärker und schlug seine Zähne in Casimirs Arm. Halb ohnmächtig vor Schmerz erinnerte sich Casimir an den Dolch, packte ihn und stieß ihn mit einen Schrei bis zum Heft in das linke Auge des Wolfes.

1. Tag (Mi 17.1.844nO) Bei der Wache
Tot. Nein, doch nicht tot. Toten tut der Kopf nicht weh. Mühsam öffnet Casimir eines seiner Augen. Helles Licht dringt ein und bringt seinen Kopf beinahe zum bersten. Schnell schließt Casimir die Augen wieder.

"He, der Bursche lebt noch. Wir sollten ihn schnell auf die Wache bringen und verarzten." Die Stimme ist gedämpft, bohrt sich jedoch stechend in den Kopf von Casimir. Er wird angehoben. Nicht gerade sanft. Aber selbst für einen schmerzvollen Stöhner ist er zu schwach. Er fällt zurück in Bewußtlosigkeit und ist dankbar dafür.

Später. Immer noch pochen Schmerzen im ganzen Körper, aber Casimir liegt bequemer. Er öffnet langsam die Augen. Casimir befindet sich in einen kleinen Raum mit gedämpften Licht. Schwere Vorhänge hängen vor den Fenstern. Im Raum befindet sich nur ein Bett - auf dem er liegt -, ein kleines Kästchen mit einer Kerze darauf und ein Stuhl. Auf dem Stuhl sitzt ein Mann in Rüstung. Er hat seinen Kopf nach hinten gelehnt und scheint zu schlafen.

Casimir räuspert sich. Es klingt wie ein heiseres Gurgeln und Schmerzen durchzucken seinen ganzen Körper. Aber das leise Geräusch hat den Wachmann geweckt. Er hebt seinen Kopf, steht auf und beugt sich über Casimir.

"Bleib ruhig liegen, mein Junge. Ich habe keine Ahnung, wer dich so zugerichtet hat, aber hier bist Du in Sicherheit. Ruh´ dich aus und erhol dich. Ein Heiler hat deine Wunden so gut wie möglich versorgt, aber es dauert noch einige Zeit, bist Du wieder voll hergestellt bist." Casimir läßt sich wieder in einen traumlosen Schlaf sinken. Seine Umgebung ist ihm egal.

Als Casimir das nächste Mal aufwacht, befindet sich noch immer der selbe Wachmann im Raum. Er reicht Casimir ein Glas mit Wasser, und dieser trinkt es langsam aber gierig. Die Kopfschmerzen sind bereits stark zurückgegangen, nur der restliche Körper schmerzt bei jeder Bewegung. Trotzdem fühlt sich Casimir stark genug für eine Unterhaltung, und die Neugierde besiegt die Erschöpfung.

Mit seiner ganzen Kraft richtet sich Casimir auf. "Könnte ich bitte noch ein Glas Wasser haben?" Die kühle Flüssigkeit tut gut in seinem ausgetrockneten, kratzigen Hals. "Wo bin ich hier?"

"In Sicherheit, Kleiner. Wir haben dich heute morgen völlig zusammengeschlagen auf der Straße gefunden. Der Heiler sagte, es sind drei Rippen und das Nasenbein gebrochen und von den Schürfwunden und Prellungen darf man erst gar nicht reden. Hast aber noch mal Glück gehabt. Wir haben dich dann hier auf die Wache gebracht und einen Heiler gerufen. - Nein, ist schon gut, zahlt alles die Staatskasse... Aber jetzt sag´ einmal, wer hat dich den so zugerichtet?"

"Ich, ich weiß es nicht so genau. Ich bin am abend die Straße lang gegangen, da hat mich plötzlich jemand aus dem Hinterhalt angegriffen. Er wollte mich wohl mit einem Schlag K.O. setzten, aber es ist ihm nicht gelungen. Es kam zu einem Handgemenge, und plötzlich hatte er einen Dolch in der Hand. Da bekam ich die Panik und habe meinen eigenen Dolch gezogen. Der wollte mich umbringen! Ich weiß nicht mehr, wie es genau zuging, aber irgendwie erwischte ich ihn mit dem Dolch... Ich glaube am Auge... Dann hat der Mann von mir abgelassen, glaube ich... Ich kann mich nicht mehr genau erinnern... Und dann war alles schwarz."

"Hmm", der Wachmann am Bett hat aufmerksam zugehört und bei der Stelle mit dem Dolch zaghaft den Kopf geschüttelt. "Du mußt den Angreifer auf jeden Fall ganz schön erwischt haben, denn er hat dich offensichtlich nicht mehr belästigt."

Erschrocken greift Casimir an seinen Hals. "Nein, nein. Deine Besitztümer haben wir dir abgenommen. Sie liegen alle in einem Sack im Raum hinter dieser Türe. Soweit wir es feststellen konnten, fehlt nichts. Zumindest das Geld ist noch da. Und ALLE Geldbörsen. Wozu hast du eigentlich ACHT verschiedene Geldbörsen?"

"Aus Sicherheitsgründen. Mein Vater hat immer gesagt, ´Teile dein Geld immer auf, dann wirst du nie alles auf einmal verlieren´." "Ah, ich verstehe. Und die Handaxt gehört wohl auch zu diesen Vorsichtsmaßnahmen, wie?"

"Stimmt."

"Könntest Du mir eine Beschreibung des Angreifers geben?"

Casimir überlegt einen Moment, ob es wohl glaubwürdig ist, eine genaue Personenbeschreibung eines ´Angreifers aus dem Dunkeln´ zu kennen. Er entschließt sich für eine Kompromißlösung und gibt eine ziemlich ungefähre Personenbeschreibung an. "Aber sein Gesicht würde ich bestimmt wiedererkennen!"

Der Wachmann rückt den Sessel zurück, und schickt sich an zu gehen. "Ich werde deine Beschreibung dem Schreiber weitergeben. Du kannst solange hier bleiben, wie du willst, aber der Heiler meinte, mindestens drei Tage Betruhe hättest du nötig. Soll ich irgend jemand für dich verständigen?"

"Nein, Danke. Mein Vater ist in Landri und erwartet mich nicht vor Ende des Monats zurück. Ich denke ich komme ganz gut alleine zurecht. Danke jedenfalls." Der Wachmann dreht Casimir den Rücken zu und begibt sich zur Tür. Bevor er jedoch den Raum verläßt, dreht er sich nochmals um. "Hatte der Angreifer irgend ein Tier bei sich? Eine Hund vielleicht?"

Casimirs Verständnislosigkeit ist nicht gespielt. "Einen Hund? Nein, nicht daß es mir aufgefallen wäre, warum?"

"Dein Arm, Junge. Du bist gebissen worden, und der Heiler meint, daß Gebiß sei für einen Menschen zu groß gewesen." Damit dreht sich der Wachmann um und verläßt den Raum. Etwas erschöpft vom langen Reden läßt sich Casimir wieder zurückfallen. Er betrachtet einige Zeit lang seinen Arm, beschließt dann jedoch, die Sache auf sich beruhen zu lassen. Wozu sich unnötig Sorgen zu machen? Froh, einen sicheren Hafen gefunden zu haben, beginnt Casimir einzudösen...